Die radikale Kunst der ZERO-Bewegung

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Danny Bree
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Heute sind die ZERO- und die Nul-Bewegung unter Kunstkennern und Sammlern ein Begriff. Die Kunst scheint bemerkenswert gut in unsere heutige Zeit zu passen. Mit ihrem cleanen, rudimentären Erscheinungsbild evozieren die Arbeiten eine raffinierte Art von Coolness, Hip und Contemporary, als würde man den Apple Store betreten. Der Ursprung der Zero-Kunst war jedoch etwas bescheidener und keineswegs als verkäufliche Kunst gedacht. In diesem Artikel versuchen wir, mehr Hintergrundinformationen darüber zu liefern, was genau Zero oder Zero-Kunst ist. Wie diese Kunstbewegung entstanden ist, was ihre Hauptmerkmale sind und wo man diese Kunst heute am besten kaufen kann.

 

Die Geburt der ZERO-Bewegung

 

Um 1957 forderten zwei deutsche Künstler, Heinz Mack und Otto Piene, eine neue Kunstform. Dieser Aufruf bildete die Grundlage für die internationale ZERO-Bewegung und manifestierte sich zunächst in einem Manifest und einer Zeitschrift und einer Gruppe ohne Anführer oder Hierarchie (auch im Kreis einer Null vertreten). Wenig später stieß Günther Uecker dazu.

 

Links Günther Uecker und rechts Galerist Alfred Schmela in seiner Galerie mit dem Plakat für eine ZERO-AusstellungLinks Günther Uecker und rechts Galerist Alfred Schmela in seiner Galerie mit dem Plakat für eine ZERO-Ausstellung

 

Der Name ZERO bezieht sich übrigens auf den Startmoment nach dem Countdown für den Start einer Rakete (der Optimismus des „Weltraumzeitalters“ angesichts der Dunkelheit des Totalitarismus).

 

Die ZERO-Rakete als Symbol für die ZERO- oder Zero-KunstbewegungDie ZERO-Rakete als Symbol für die ZERO- oder Zero-Kunstbewegung

 

Der Nullpunkt verwies für diese deutschen Künstler auf einen Neuanfang nach dem Vakuum, das der Krieg im deutschen Kulturleben hinterlassen hatte: leere Kunstbibliotheken, ein von Europa isoliertes Deutschland und die Erinnerung an den Krieg.

Sie suchten den Neuanfang in einer verheißungsvollen Zeit, die vor allem durch technologischen Fortschritt und neue internationale Partnerschaften repräsentiert wurde: die Zeit des Wiederaufbaus und des deutschen Wirtschaftswunders.

 

Die Ausstellung Die Ausstellung "Zero" im Stedelijk Museum Amsterdam, 1965

 

Dabei gaben sie der Bewegung und den mit dem Optimismus des „Weltraumzeitalters“ verbundenen „himmlischen“ Elementen Feuer, Luft und Licht eine besondere und positive, hoffnungsvolle Bedeutung als Rohstoffe einer neuen Kunst. Sie „malten“ beispielsweise mit Feuer und machten Kunstwerke mit Licht oder über die Wirkung von Licht (Heinz Mack).

Bald schlossen sich vor allem italienische Künstler (Enrico Castellani, Augustino Bonalumi, Nanda Vigo und Pierro Manzoni) und französische Künstler (Yves Klein, Bernard Aubertin, Jean Tinguely) zu losen Verbindungen zusammen.

 

 Einer der Gründer der Zero-Kunstbewegung Heinz Mack bei der Arbeit in seinem AtelierEiner der Gründer der Zero-Kunstbewegung Heinz Mack bei der Arbeit in seinem Atelier

 

Viel Beachtung fanden auch kinetische Arbeiten und sensorische Effekte wie optische Täuschungen durch Lichteinwirkung (Mack) und Gummiskulpturen, die sich bewegen, indem sie sich mit Luft füllen, und fliegende „Skulpturen“ gefüllt mit Helium (Otto Piene).

Die Zero-Gruppe pflegte zahlreiche internationale Kontakte, unter anderem mit dem Italiener Lucio Fontana, dem Franzosen Yves Klein (der die Bedeutung der reinen Farbwahrnehmung betonte) und dem Schweizer Jean Tinguely (kinetische Kunst, rotierende Objekte).

 

Installation ZERO von Jean Tinguely, Méta-Matic Nr. 10., 1959Installation ZERO von Jean Tinguely, Méta-Matic Nr. 10., 1959

 

 

Die Nul-Bewegung in den Niederlanden

 

Im Gegensatz zur emotionalen, spontanen Malerei der Cobra-Gruppe (u.a. Appel und Corneille) präsentierten die Nul-Künstler (u.a. Schoonhoven und Peeters) Anfang der 1960er Jahre eine distanzierte und kühle Interpretation der Realität.

Sie taten dies, indem sie sich von der Staffelei verabschiedeten und sich auf Materialien konzentrierten, die sich dazu eignen, das Wesen der Realität in seriellen Mustern, in Wiederholungen von Formen und durch den Verzicht auf Emotion und Schönheit darzustellen. In der Kunst führt Emotion schnell zu billiger Sentimentalität und Schönheit hat – so der Dichter Lucebert – ihr Gesicht verbrannt.

Um 1960 wurde eine Reihe niederländischer Künstler (Armando, Jan Henderikse, Henk Peetersen, Jan Schoonhoven und Herman de Vries), die zuvor unter dem Namen "De Informele Groep" (von 1958 bis 1960 mit Kees van Bohemen, ohne Herman de Vries) gearbeitet hatten, schloss sich Zero an und nannte sich fortan „Zero“.

 

Niederländische Künstler der „Zero-Bewegung“, von links nach rechts: Henk Peeters, Jan Hendirkse, Armando und Jan Schoonhoven in DelftNiederländische Künstler der „Zero-Bewegung“, von links nach rechts: Henk Peeters, Jan Hendirkse, Armando und Jan Schoonhoven in Delft

 

Was die Nul-Bewegung vor allem wollte, war die Absage an den elitären Charakter von Kunstformen wie der Malerei, die damals vor allem vom Abstrakten Expressionismus mit all seinen Emotionen und anderen Formen der informellen Malerei repräsentiert wurde.

Von da an wollten sie „antimalerische“ Kunst machen, die auf allgemein zugänglichen, aber beliebten industriellen Einwegartikeln und „objets trouvés“ basierte, was zu konzeptuellen und oft minimalistischen Kunstausdrücken führte.

 

Zero Art mit Arbeiten von Jan Henderikse und rechts Armandos Autoreifen an der WandZero Art mit Arbeiten von Jan Henderikse und rechts Armandos Autoreifen an der Wand

 

Pappe, Pappmaché, Toilettenpapier, Sperrholz (Schoonhoven), Münzen, Flaschen, Korken und andere Alltagsgegenstände (Henderikse) bildeten die Grundlage dieser neuen Kunst, die informellen Charakter hat und einen neuen Realismus aufweist. Dabei geht es übrigens nicht unbedingt um Gesellschaftskritik, sondern darum, sich selbst zu machen.

 

Ein typisches Beispiel für ZERO- oder Nul-Kunst, hergestellt von Jan Schoonhoven 1968Ein typisches Beispiel für ZERO- oder Nul-Kunst, hergestellt von Jan Schoonhoven 1968

 

 

Prinzipien und Eigenschaften ZERO und Zero art

 

Charakteristisch für ZERO sind Licht, Bewegung und monochrome Malerei. Um mit Licht und Schatten zu spielen, verwenden die Künstler oft Nägel, Reliefs und gerippte Oberflächen. Bei ZERO gibt es keine Grenze mehr zwischen Malerei und Skulptur. Sie streben auch eine Symbiose zwischen Natur, Kunst und Technik, eine immaterielle Wirkung und räumliche Ausdehnung an.

ZERO-Künstler hingegen arbeiteten meist monochrom, oft mit Weiß. Sie strebten eine neue Harmonie im Verhältnis von Mensch und Natur an und vermieden individuelle Spuren in ihrer Arbeit.

 

Beispiel für Zero- oder Zero-Kunst im Stedelijk Museum in AmsterdamBeispiel für Zero- oder Zero-Kunst im Stedelijk Museum in Amsterdam

 

Auf ihrer Suche nach radikal neuen Wegen des Kunstschaffens arbeiteten ZERO-Künstler auch mit monochromatischen, leuchtenden Farben wie Rot, Gelb, Blau, Schwarz und Gold. Außerdem wurden Experimente mit Alltagsgegenständen wie Nägeln, Watte, Federn, Münzen, Reifen und Bierkisten durchgeführt.

Spektakuläre Effekte wurden durch "Malen" mit Feuer und Rauch, Schneiden, Schießen oder Verwenden von Motoren zum Drehen, Klopfen und Explodieren von Objekten erzielt.

 

Von links nach rechts: „Auflösung der Formation“ (1958), „Das gelbe Bild“ (1957–58) und „Korkbild II“ (1960) von Günther UeckerVon links nach rechts: „Auflösung der Formation“ (1958), „Das gelbe Bild“ (1957–58) und „Korkbild II“ (1960) von Günther Uecker

 

Glas und Metall wurden verwendet, um glänzende Oberflächen zu schaffen, auf denen das Licht freien Lauf hatte. Weiche Materialien wie Watte oder Samt wurden verwendet, um den visuellen Charakter der Kunst zu durchbrechen.

Darüber hinaus war die Beteiligung der Öffentlichkeit entscheidend bei den Performances und Manifestationen, die die Künstler draußen auf der Straße oder in den weiten Landschaften organisierten, die sie so sehr bewunderten und die sie als ultimative Plattform oder Träger ihrer Arbeit betrachteten.

 

Mehr ZERO-Kunst von Günther Uecker, Gropiusbau, BerlinMehr ZERO-Kunst von Günther Uecker, Gropiusbau, Berlin

 

Allgemein lässt sich sagen, dass sich die Arbeit von Nul auszeichnet durch:

 

Monochromie: Mehrfarben machen Platz für die Verwendung weniger Farben, oft Schwarz und Rot (Armando) und Weiß (Jan Schoonhoven und Henk Peeters)

Wiederholung: Zero liebte Rhythmus und Regelmäßigkeit. Die Wiederholung ähnlicher Elemente innerhalb einer Darbietung ist typischerweise „Null“. Denken Sie an die sich wiederholenden Formen in den Reliefs von Schoonhoven und den Reliefs von Korken und Pfennigen von Jan Henderikse.

Serialität: Das authentische Kunstwerk wurde von Nul für tot erklärt. Moderne Zeiten und industrielle Materialien hingegen wurden aufgegriffen. Die maschinelle Reproduktion von „Kunstprodukten“ war typisch Null. Mit Ausnahme von Jan Schoonhoven stellten alle Mitglieder Multiples (Serienprodukte) her.

Unmittelbarkeit des Materials: Ein Nul-Werk müsse eine „objektiv-neutrale Darstellung der Wirklichkeit“ sein, so Jan Schoonhoven. Die Handschrift des Künstlers sollte möglichst vermieden werden. Dies wurde unter anderem durch „unvermittelte Präsentation“ erreicht: Materialien, oft Objekte, wurden als „Kunstprodukte“ ohne Bearbeitung oder Hinzufügung präsentiert.

  

Links eine geschnittene Leinwand von Lucio Fontana; rechts verschiedenfarbige Monochrome von Yves KleinLinks eine geschnittene Leinwand von Lucio Fontana; rechts verschiedenfarbige Monochrome von Yves Klein

 

ZERO oder Zero Kunst zum Verkauf

 

Heute sind Zero und die Nul-Bewegung unter Kunstkennern und Sammlern ein fester Begriff und Werke insbesondere deutscher und italienischer Zero-Künstler erzielen bei den großen Auktionshäusern mitunter Millionenbeträge.

Obwohl das Angebot an ZERO-Kunst auf Auktionen groß erscheint, ist es wichtig, sich auf originelle und qualitativ hochwertige Werke zu verlassen. Hier bei Gallerease bieten wir nur kuratierte ZERO-Kunst zum Verkauf an und Sie können sich auf Qualität und Authentizität verlassen, siehe auch unser aktuelles Angebot.

 

*Bild im Header: Beginn der ZERO-Bewegung in Düsseldorff


Written by Danny Bree on 20 Feb 2023, 10:31 Kategorie EducationalTagged Null Kunst (1957-1967), Moderne Kunst (1860er-1970er Jahre)
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